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Lebensplanung in Albanien bedeutet meist auszuwandern, denn es gibt kaum Jobs und die Löhne sind niedrig. Doch manche bleiben ganz bewusst in ihrer Heimat und arbeiten an der Zukunft des Landes.
BRAUNBÄREN UND BALKANVEILCHEN
Fünfzig Kilometer weiter im Osten, kurz vor der mazedonischen Grenze, stapft Elvis Kotherja über aufgeweichte Wiesen, weil die Wege voll knietiefer Pfützen sind. Der Reiseunternehmer will zeigen, was sein Land an Natur zu bieten hat.
Der Nationalpark Shebenik-Jablanica ist einer der jüngsten und grössten des Landes, liegt am ehemaligen Eisernen Vorhang und war lange Zeit militärisches Sperrgebiet. Die alten Buchenwälder stehen inzwischen unter Schutz, über einen Teil wacht sogar die UNESCO. Es gibt Gletscherseen, den Balkanluchs, Wölfe und Braunbären, ausserdem endemische Pfl anzen wie das Balkanveilchen und die Albanische Lilie.
Andere Länder würden direkt ein Tourismuskonzept entwickeln, Eintritt verlangen, Services anbieten. 18 000 Touristen kommen inzwischen in den Park, meist nur für Tagesausflüge. Selbst in dem Ort, an dem die Wanderungen starten, gibt es zum Übernachten nur ein paar Stockbetten mit Gemeinschaftsbad im Besucherzentrum.
«Hier müsste man kleine Bungalows in die Natur bauen, einfach, aber mit eigenem Bad. Das würde Besuchern gefallen.»
Elvis Kotherja
Der 38-Jährige hat viele Ideen. Er sieht, was Erfolg verspricht und wo es hakt. Für den Nationalpark hofft er, dass die Einheimischen den Mut haben, ein Guesthouse, einen Fahrradverleih und einen Imbissstand zu eröffnen. Und dass die ausgewanderte Generation zurückkommt und sich hier eine Zukunft auf baut.
AKADEMIE FÜR GUIDES UND KELLNER
«An erster Stelle muss Bildung stehen», findet Elvis Kotherja, der noch während der Diktatur zur Welt kam und den seine Eltern so nannten, weil sie den amerikanischen Rockstar mochten.
«Warum führen wir in Albanien nicht das duale Bildungssystem ein wie in der Schweiz? Die Jungen wollen anfassen, sehen, machen, nicht nur Theorie.»
Denn so sieht die Ausbildung in weiten Teilen bei veralteten Lehrplänen noch aus.
«Ein Klempner lernt, wie man mit Kupferrohren arbeitet, obwohl längst Plastikrohre benutzt werden.» Dass da das Engagement des Nachwuchses leide, sei keine Frage.
Rund fünfzig Menschen arbeiten für seine Firma, die Elite Travel Albania. Er wird nicht müde, sie und andere zu schulen. Elvis Kotherja hat einen Nachhaltigkeitspreis bekommen und eine Akademie gegründet, in der er Workshops für Guides, Rezeptionisten, Kellner und Programmierer anbietet. Er geht voran und hofft, kopiert zu werden – von Firmen oder vom Staat. Das Logo seiner Firma ist ein Löffler, ein Vogel, der an Natur und Nachhaltigkeit denken lässt.
«Aber dieser Zugvogel ist auch ein Synonym für Albaner, die das Land verlassen», sagt Elvis Kotherja.
Und genau das ist es, was es seiner Ansicht nach zu verhindern gilt. Die Bevölkerung muss wieder ans eigene Land glauben und hier in die eigene Zukunft investieren. So wie es die Bewohner Berats tun. An den Pflastergassen finden sich kleine Cafés, Restaurants, Boutiquen und Souvenirläden.
Die Stadt hat nach dem Zusammenbruch des Kommunismus früh eine Alternative gesucht und in der Hoffnung auf Tourismus eine Webseite eingerichtet, Wegweiser aufgestellt und Hinweisschilder angebracht. Ihre Kinder strömen gerade aus den Schulhäusern. Sie sind stolz auf ihre hübschen Kleider, die neuen Schulranzen und probieren selbstbewusst ihr erstes Englisch aus. Sie sind bereits Visionäre, ohne es zu wissen. Sie sind die Zukunft des Lande
*This article was taken from Edelweiss Travel Magazine December 2019-February 2020 issue
*Dieser Artikel stammt aus der Dezember 2019-Februar 2020-Ausgabe des Edelweiss Travel Magazine
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